Post by Nadica (She/Her) on Oct 26, 2024 0:55:17 GMT
Warum man nach Corona anfällig für andere Infektionen ist - 24.10.2024
Von Klaus Wedekind
Vermehrt berichten Menschen, sie würden nach einer überstandenen Corona-Infektion ständig krank. Eine mögliche Ursache dafür könnte ein durch Covid-19 geschwächtes Immunsystem sein.
Für die meisten ist Corona keine große Sache mehr, weil sie geimpft sind und/oder bereits ein oder mehrmals Covid-19 durchgemacht haben. Oft ist der Verlauf sogar weniger schlimm als bei einer gewöhnlichen Erkältung. Doch möglicherweise ist eine Infektion mit SARS-CoV-2 immer noch problematischer als gedacht, denn sie könnte eine länger anhaltende Immunschwäche auslösen, die anfällig für andere Krankheiten macht.
Ein Hinweis dafür sind Berichte von Menschen, die sich nach überstandener Corona-Infektion gleich eine Erkältung einfangen oder sogar mehrmals hintereinander krank werden. Die Erklärung dafür ist möglicherweise eine durch SARS-CoV-2 ausgelöste Immunschwäche, die unter Umständen auch mehrere Monate anhalten könnte.
"Nach der Infektion ist das Immunsystem empfänglicher für andere Viruserkrankungen", sagte kürzlich die Wiener Immunologin Eva Untersmayr-Elsenhuber der "Wiener Zeitung". Wer sich nach Covid-19 mit einer schweren Krankheit wie einer Pneumokokken-Infektion oder den Masern ansteckt, könne sogar über Monate mit einer Immunschwäche zu kämpfen haben, da die Antikörper, konkret die B-Zellen, herabgesetzt blieben, zitiert die Zeitung sie.
Langzeitveränderungen auch bei mildem Verlauf
Eine Studie unter Leitung ihres Kollegen Winfried Pickl von der Universität Wien bestätigt diese Einschätzung. Die im Fachjournal "Allergy" veröffentlichte Arbeit zeigt einer Mitteilung der Universität zufolge, "dass Covid-19 selbst bei mildem Verlauf zu beträchtlichen Langzeitveränderungen des Immunsystems führt".
Für die Studie untersuchte das Forscherteam relevante Immunparameter von 133 Personen, die Covid-19 hatten und genesen sind. Das Gleiche taten sie bei 98 Personen ohne Corona-Infektion. Geimpft war niemand, da es zum Start der Forschungsarbeit 2020 noch keine Covid-19-Vakzine gab.
Bei den Genesenen wurden jeweils zehn Wochen und zehn Monate nach deren Erkrankung sowohl die Anzahl als auch die Zusammensetzung verschiedener Immunzellen analysiert. Zusätzlich werteten Pickl und sein Team Wachstumsfaktoren im Blut aus, die unter anderem eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Zellwachstums spielen.
Infektion des Knochenmarks?
Wenig überraschend hätten die Genesenen zehn Wochen nach der Infektion im Gegensatz zu den nicht infizierten Probandinnen und Probanden sowohl bei den T- als auch bei den B-Zellen deutliche Anzeichen einer Immunaktivierung aufgewiesen, so Pickl. Überrascht war das Forscherteam aber von den Ergebnissen zehn Monate nach der Erkrankung. "Selbst nach milden Krankheitsverläufen stellten wir eine deutliche Verringerung von Immunzellen im Blut fest", erklärt Pickl. Neben einem Abfall SARS-CoV-2-spezifischer Antikörper beobachteten die Forschenden auch eine "erstaunliche Veränderung der Wachstumsfaktoren im Blut".
Für Covid-19-Genesene bedeute dies, dass ihr Immunsystem möglicherweise nicht mehr optimal reagiere, schließen sie daraus. Als vermutlichen Auslöser nennt das Team eine Infektion des Knochenmarks, das die zentrale Produktionsstelle von Immunzellen ist.
Die Ergebnisse sind eine mögliche Erklärung für Long-Covid, aber auch für eine besonders hohe Anfälligkeit für andere Infektionskrankheiten nach einer Corona-Infektion. Pickl weist jedoch darauf hin, dass weitere Forschungen nötig seien, um die Hypothese zu bestätigen.
"Dramatischer Anstieg" anderer Infektionen
Neu sind Vermutungen und Hinweise, dass eine Covid-19-Infektion eine Immunschwäche hervorrufen kann, nicht. Sie wurden bereits in den vorangegangenen Erkältungssaisons diskutiert und untersucht. So deutete im vergangenen Oktober eine in "Sage Journals" veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf laut Forscherteam auf einen "dramatischen Anstieg von nicht-Covid-bedingten Infektionen der oberen Atemwege (URTI) in allen demografischen Untergruppen in Deutschland hin, der mit enormen Auswirkungen auf sozioökonomische Variablen wie die Häufigkeit oder Dauer von Krankschreibungen verbunden ist".
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten dafür elektronische Krankenakten einer großen deutschen Datenbank aus, die insgesamt 1.403.907 Patienten aus 947 Hausarzt- und 175 Kinderarztpraxen umfasst, die zwischen Januar 2019 und Dezember 2022 an einer Infektion der oberen Atemwege (URTI) erkrankt waren. Das wichtigste Ergebnis ihrer Analyse sei "zweifellos der dramatische und plötzliche Anstieg der URTI-Besuche nach der Lockerung der Covid-Maßnahmen im Jahr 2022", schreiben die Forschenden.
Zwei diskutierte Möglichkeiten
Ein Grund für diese Zunahme könne sein, dass eine Covid-19-Infektion ein Risikofaktor für eine spätere Infektion mit anderen Atemwegsviren sei, so die Autoren der Studie. Wissenschaftlich erwiesen sei dies zwar bisher nicht, andere Forschungen kämen aber zu ähnlichen Ergebnissen. Explizit nennen sie eine Studie der Case Western Reserve University aus dem November 2022. Sie stellte durch die Auswertung einer großen US-Datenbank fest, dass sich knapp 19 Prozent der Kleinkinder nach einer Corona-Infektion mit dem Respiratorischen Synzytialvirus (RSV) ansteckten, während es bei den nicht Infizierten nur rund zehn Prozent waren.
Die Düsseldorfer Forschenden halten es auch für möglich, dass die Menschen wegen der Corona-Maßnahmen zu wenig Kontakt mit Krankheitserregern hatten, um ihr Immunsystem ausreichend zu "trainieren". Allerdings sei diese Hypothese "zwar häufig in der Tagespresse, nicht aber in der wissenschaftlichen Literatur aufgetaucht und gilt noch als unbewiesen".
Immunsystem benötigt kein Training, aber Auffrischung
"Das Immunsystem ist nicht so wie ein Muskel, der, wenn man ihn lange Zeit nicht braucht, dann irgendwie weniger gut funktionieren würde", sagte im Dezember 2022 Carsten Watzl dem WDR. Er ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Ein Teil des Immunsystems benötige allerdings Auffrischungen zum Schutz vor bestimmten Erregern, so der Spezialist.
"Es ist so, dass wir bei einigen Infekten oder einigen Erregern unsere Immunität regelmäßig auffrischen müssen, und danach wieder ein paar Jahre geschützt sind." Weil dies bei vielen Menschen nicht stattgefunden habe, "haben wir jetzt den doppelten oder dreifachen Jahrgang an Menschen, die gerade ihre Immunität wieder auffrischen".
SARS-CoV-2 kein Zerstörer
Außerdem muss beachtet werden, dass nicht nur Covid-19, sondern auch andere schwere Virusinfektionen das Immunsystem schwächen. Stark vereinfacht beschrieben kann der Körper nur eine bestimmte Menge von Immunzellen produzieren, die im Falle einer Infektion spezifisch reagieren und damit nicht gegen andere Erreger wirksam sind. Bis wieder ausreichend naive Immunzellen im Blut vorhanden sind, die sich an neue Angreifer anpassen können, können je nach Alter der Patienten und Schwere der Erkrankung Wochen oder Monate vergehen.
Schon gar nicht würde Covid-19 das Immunsystem wie HIV zerstören, sagte die Wiener Molekularbiologin Sylvia Kerschbaum-Gruber der österreichischen Zeitung "Der Standard". Wäre dies der Fall, gäbe es keine Hybridimmunität aus Impfung und Infektion, die am besten vor einem schweren Verlauf schütze.
Emanuel Wyler vom Berliner Max Delbrück Center für Molekulare Medizin sieht zwar einen erschöpfenden Effekt durch SARS-CoV-2, schätzt ihn aber niedrig ein. "Auf einer Skala, auf der ein Rhinovirus kaum bis keinen Schaden am Immunsystem anrichtet und HIV es komplett zerstört, würde ich SARS-CoV-2 - jetzt, da die meisten Menschen gegen das Virus geimpft, davon genesen oder beides sind - irgendwo in der Mitte verorten", sagte er dem Wissenschaftsmagazin Spektrum.de.
Why you are vulnerable to other infections after Corona
More and more people are reporting that they are constantly ill after recovering from a corona infection. One possible cause for this could be an immune system weakened by Covid-19.
For most people, Corona is no longer a big deal because they have been vaccinated and/or have already had Covid-19 once or more. Often the course is even less severe than with a common cold. But an infection with SARS-CoV-2 may still be more problematic than previously thought, because it could trigger a long-lasting immune deficiency that makes you susceptible to other diseases.
One indication of this are reports of people who, after recovering from a corona infection, immediately catch a cold or even get sick several times in a row. The explanation for this may be an immune deficiency triggered by SARS-CoV-2, which could possibly last for several months.
"After the infection, the immune system is more susceptible to other viral diseases," Viennese immunologist Eva Untersmayr-Elsenhuber recently told the " Wiener Zeitung ". Anyone who becomes infected with a serious illness such as pneumococcal infection or measles after Covid-19 could even struggle with an immune deficiency for months because the antibodies, specifically the B cells, remain reduced, the newspaper quotes her as saying.
Long-term changes even in mild cases
A study led by her colleague Winfried Pickl from the University of Vienna confirms this assessment. The work, published in the journal "Allergy", shows, according to a statement from the university , "that Covid-19 leads to considerable long-term changes in the immune system, even in mild cases".
For the study, the research team examined relevant immune parameters of 133 people who had Covid-19 and recovered. They did the same with 98 people without corona infection. No one was vaccinated because there was no Covid-19 vaccine when the research began in 2020.
In those who recovered, both the number and composition of various immune cells were analyzed ten weeks and ten months after their illness. In addition, Pickl and his team evaluated growth factors in the blood, which, among other things, play a crucial role in regulating cell growth.
Bone marrow infection?
Not surprisingly, ten weeks after the infection, those who had recovered showed clear signs of immune activation in both T and B cells, in contrast to the non-infected subjects, says Pickl. However, the research team was surprised by the results ten months after the illness. "Even after mild courses of the disease, we found a significant reduction in immune cells in the blood," explains Pickl. In addition to a drop in SARS-CoV-2-specific antibodies, the researchers also observed an "astonishing change in growth factors in the blood."
For those who have recovered from Covid-19, this means that their immune system may no longer respond optimally, they conclude. The team cites an infection of the bone marrow, which is the central production site of immune cells, as the probable trigger.
The results are a possible explanation for long Covid, but also for a particularly high susceptibility to other infectious diseases after a corona infection. However, Pickl points out that further research is needed to confirm the hypothesis.
"Dramatic increase" in other infections
Suspicions and indications that a Covid-19 infection can cause immune deficiency are not new. They have already been discussed and investigated in previous cold seasons. Last October, a study by the University Hospital of Düsseldorf published in "Sage Journals" indicated, according to the research team, a "dramatic increase in non-Covid-related upper respiratory tract infections (URTI) in all demographic subgroups in Germany, which is associated with enormous effects on socioeconomic variables such as the frequency or duration of sick leave".
The scientists evaluated electronic medical records from a large German database containing a total of 1,403,907 patients from 947 general practitioners' and 175 pediatricians' practices who suffered from an upper respiratory tract infection (URTI) between January 2019 and December 2022. The most important result of their analysis is "undoubtedly the dramatic and sudden increase in URTI visits after the easing of Covid measures in 2022," the researchers write.
Two discussed possibilities
One reason for this increase could be that a Covid-19 infection is a risk factor for later infection with other respiratory viruses, according to the authors of the study. Although this has not yet been scientifically proven, other research has come to similar results. They specifically cite a study by Case Western Reserve University from November 2022. By evaluating a large US database, it found that almost 19 percent of young children became infected with the respiratory syncytial virus (RSV) after a corona infection, while the figure for those who were not infected was only around ten percent.
The Düsseldorf researchers also believe it is possible that people have had too little contact with pathogens due to the corona measures to "train" their immune systems sufficiently. However, this hypothesis "has frequently appeared in the daily press, but not in the scientific literature and is still considered unproven."
Immune system does not need training, but refreshment
"The immune system is not like a muscle that, if you don't use it for a long time, would somehow function less well," Carsten Watzl told WDR in December 2022. He is the Secretary General of the German Society for Immunology. However, part of the immune system needs boosters to protect against certain pathogens, according to the specialist.
"It is the case that with some infections or certain pathogens we have to regularly refresh our immunity, and then we are protected again for a few years." Because this has not happened for many people, "we now have twice or three times the age group of people who are currently refreshing their immunity again."
SARS-CoV-2 is not a destroyer
It should also be noted that not only Covid-19, but also other serious viral infections weaken the immune system. To put it very simply, the body can only produce a certain number of immune cells that react specifically in the event of an infection and are therefore not effective against other pathogens. Depending on the age of the patient and the severity of the disease, it can take weeks or months until there are enough naive immune cells in the blood that can adapt to new attackers.
Covid-19 certainly would not destroy the immune system like HIV, said Viennese molecular biologist Sylvia Kerschbaum-Gruber to the Austrian newspaper " Der Standard ". If this were the case, there would be no hybrid immunity from vaccination and infection, which is the best protection against a serious course of the disease.
Emanuel Wyler from the Berlin Max Delbrück Center for Molecular Medicine sees an exhaustive effect of SARS-CoV-2, but estimates it to be low. "On a scale on which a rhinovirus does little to no damage to the immune system and HIV destroys it completely, I would place SARS-CoV-2 - now that most people have been vaccinated against the virus, recovered from it, or both - somewhere in the middle," he told the science magazine Spektrum.de .
Von Klaus Wedekind
Vermehrt berichten Menschen, sie würden nach einer überstandenen Corona-Infektion ständig krank. Eine mögliche Ursache dafür könnte ein durch Covid-19 geschwächtes Immunsystem sein.
Für die meisten ist Corona keine große Sache mehr, weil sie geimpft sind und/oder bereits ein oder mehrmals Covid-19 durchgemacht haben. Oft ist der Verlauf sogar weniger schlimm als bei einer gewöhnlichen Erkältung. Doch möglicherweise ist eine Infektion mit SARS-CoV-2 immer noch problematischer als gedacht, denn sie könnte eine länger anhaltende Immunschwäche auslösen, die anfällig für andere Krankheiten macht.
Ein Hinweis dafür sind Berichte von Menschen, die sich nach überstandener Corona-Infektion gleich eine Erkältung einfangen oder sogar mehrmals hintereinander krank werden. Die Erklärung dafür ist möglicherweise eine durch SARS-CoV-2 ausgelöste Immunschwäche, die unter Umständen auch mehrere Monate anhalten könnte.
"Nach der Infektion ist das Immunsystem empfänglicher für andere Viruserkrankungen", sagte kürzlich die Wiener Immunologin Eva Untersmayr-Elsenhuber der "Wiener Zeitung". Wer sich nach Covid-19 mit einer schweren Krankheit wie einer Pneumokokken-Infektion oder den Masern ansteckt, könne sogar über Monate mit einer Immunschwäche zu kämpfen haben, da die Antikörper, konkret die B-Zellen, herabgesetzt blieben, zitiert die Zeitung sie.
Langzeitveränderungen auch bei mildem Verlauf
Eine Studie unter Leitung ihres Kollegen Winfried Pickl von der Universität Wien bestätigt diese Einschätzung. Die im Fachjournal "Allergy" veröffentlichte Arbeit zeigt einer Mitteilung der Universität zufolge, "dass Covid-19 selbst bei mildem Verlauf zu beträchtlichen Langzeitveränderungen des Immunsystems führt".
Für die Studie untersuchte das Forscherteam relevante Immunparameter von 133 Personen, die Covid-19 hatten und genesen sind. Das Gleiche taten sie bei 98 Personen ohne Corona-Infektion. Geimpft war niemand, da es zum Start der Forschungsarbeit 2020 noch keine Covid-19-Vakzine gab.
Bei den Genesenen wurden jeweils zehn Wochen und zehn Monate nach deren Erkrankung sowohl die Anzahl als auch die Zusammensetzung verschiedener Immunzellen analysiert. Zusätzlich werteten Pickl und sein Team Wachstumsfaktoren im Blut aus, die unter anderem eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Zellwachstums spielen.
Infektion des Knochenmarks?
Wenig überraschend hätten die Genesenen zehn Wochen nach der Infektion im Gegensatz zu den nicht infizierten Probandinnen und Probanden sowohl bei den T- als auch bei den B-Zellen deutliche Anzeichen einer Immunaktivierung aufgewiesen, so Pickl. Überrascht war das Forscherteam aber von den Ergebnissen zehn Monate nach der Erkrankung. "Selbst nach milden Krankheitsverläufen stellten wir eine deutliche Verringerung von Immunzellen im Blut fest", erklärt Pickl. Neben einem Abfall SARS-CoV-2-spezifischer Antikörper beobachteten die Forschenden auch eine "erstaunliche Veränderung der Wachstumsfaktoren im Blut".
Für Covid-19-Genesene bedeute dies, dass ihr Immunsystem möglicherweise nicht mehr optimal reagiere, schließen sie daraus. Als vermutlichen Auslöser nennt das Team eine Infektion des Knochenmarks, das die zentrale Produktionsstelle von Immunzellen ist.
Die Ergebnisse sind eine mögliche Erklärung für Long-Covid, aber auch für eine besonders hohe Anfälligkeit für andere Infektionskrankheiten nach einer Corona-Infektion. Pickl weist jedoch darauf hin, dass weitere Forschungen nötig seien, um die Hypothese zu bestätigen.
"Dramatischer Anstieg" anderer Infektionen
Neu sind Vermutungen und Hinweise, dass eine Covid-19-Infektion eine Immunschwäche hervorrufen kann, nicht. Sie wurden bereits in den vorangegangenen Erkältungssaisons diskutiert und untersucht. So deutete im vergangenen Oktober eine in "Sage Journals" veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf laut Forscherteam auf einen "dramatischen Anstieg von nicht-Covid-bedingten Infektionen der oberen Atemwege (URTI) in allen demografischen Untergruppen in Deutschland hin, der mit enormen Auswirkungen auf sozioökonomische Variablen wie die Häufigkeit oder Dauer von Krankschreibungen verbunden ist".
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten dafür elektronische Krankenakten einer großen deutschen Datenbank aus, die insgesamt 1.403.907 Patienten aus 947 Hausarzt- und 175 Kinderarztpraxen umfasst, die zwischen Januar 2019 und Dezember 2022 an einer Infektion der oberen Atemwege (URTI) erkrankt waren. Das wichtigste Ergebnis ihrer Analyse sei "zweifellos der dramatische und plötzliche Anstieg der URTI-Besuche nach der Lockerung der Covid-Maßnahmen im Jahr 2022", schreiben die Forschenden.
Zwei diskutierte Möglichkeiten
Ein Grund für diese Zunahme könne sein, dass eine Covid-19-Infektion ein Risikofaktor für eine spätere Infektion mit anderen Atemwegsviren sei, so die Autoren der Studie. Wissenschaftlich erwiesen sei dies zwar bisher nicht, andere Forschungen kämen aber zu ähnlichen Ergebnissen. Explizit nennen sie eine Studie der Case Western Reserve University aus dem November 2022. Sie stellte durch die Auswertung einer großen US-Datenbank fest, dass sich knapp 19 Prozent der Kleinkinder nach einer Corona-Infektion mit dem Respiratorischen Synzytialvirus (RSV) ansteckten, während es bei den nicht Infizierten nur rund zehn Prozent waren.
Die Düsseldorfer Forschenden halten es auch für möglich, dass die Menschen wegen der Corona-Maßnahmen zu wenig Kontakt mit Krankheitserregern hatten, um ihr Immunsystem ausreichend zu "trainieren". Allerdings sei diese Hypothese "zwar häufig in der Tagespresse, nicht aber in der wissenschaftlichen Literatur aufgetaucht und gilt noch als unbewiesen".
Immunsystem benötigt kein Training, aber Auffrischung
"Das Immunsystem ist nicht so wie ein Muskel, der, wenn man ihn lange Zeit nicht braucht, dann irgendwie weniger gut funktionieren würde", sagte im Dezember 2022 Carsten Watzl dem WDR. Er ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Ein Teil des Immunsystems benötige allerdings Auffrischungen zum Schutz vor bestimmten Erregern, so der Spezialist.
"Es ist so, dass wir bei einigen Infekten oder einigen Erregern unsere Immunität regelmäßig auffrischen müssen, und danach wieder ein paar Jahre geschützt sind." Weil dies bei vielen Menschen nicht stattgefunden habe, "haben wir jetzt den doppelten oder dreifachen Jahrgang an Menschen, die gerade ihre Immunität wieder auffrischen".
SARS-CoV-2 kein Zerstörer
Außerdem muss beachtet werden, dass nicht nur Covid-19, sondern auch andere schwere Virusinfektionen das Immunsystem schwächen. Stark vereinfacht beschrieben kann der Körper nur eine bestimmte Menge von Immunzellen produzieren, die im Falle einer Infektion spezifisch reagieren und damit nicht gegen andere Erreger wirksam sind. Bis wieder ausreichend naive Immunzellen im Blut vorhanden sind, die sich an neue Angreifer anpassen können, können je nach Alter der Patienten und Schwere der Erkrankung Wochen oder Monate vergehen.
Schon gar nicht würde Covid-19 das Immunsystem wie HIV zerstören, sagte die Wiener Molekularbiologin Sylvia Kerschbaum-Gruber der österreichischen Zeitung "Der Standard". Wäre dies der Fall, gäbe es keine Hybridimmunität aus Impfung und Infektion, die am besten vor einem schweren Verlauf schütze.
Emanuel Wyler vom Berliner Max Delbrück Center für Molekulare Medizin sieht zwar einen erschöpfenden Effekt durch SARS-CoV-2, schätzt ihn aber niedrig ein. "Auf einer Skala, auf der ein Rhinovirus kaum bis keinen Schaden am Immunsystem anrichtet und HIV es komplett zerstört, würde ich SARS-CoV-2 - jetzt, da die meisten Menschen gegen das Virus geimpft, davon genesen oder beides sind - irgendwo in der Mitte verorten", sagte er dem Wissenschaftsmagazin Spektrum.de.
Why you are vulnerable to other infections after Corona
More and more people are reporting that they are constantly ill after recovering from a corona infection. One possible cause for this could be an immune system weakened by Covid-19.
For most people, Corona is no longer a big deal because they have been vaccinated and/or have already had Covid-19 once or more. Often the course is even less severe than with a common cold. But an infection with SARS-CoV-2 may still be more problematic than previously thought, because it could trigger a long-lasting immune deficiency that makes you susceptible to other diseases.
One indication of this are reports of people who, after recovering from a corona infection, immediately catch a cold or even get sick several times in a row. The explanation for this may be an immune deficiency triggered by SARS-CoV-2, which could possibly last for several months.
"After the infection, the immune system is more susceptible to other viral diseases," Viennese immunologist Eva Untersmayr-Elsenhuber recently told the " Wiener Zeitung ". Anyone who becomes infected with a serious illness such as pneumococcal infection or measles after Covid-19 could even struggle with an immune deficiency for months because the antibodies, specifically the B cells, remain reduced, the newspaper quotes her as saying.
Long-term changes even in mild cases
A study led by her colleague Winfried Pickl from the University of Vienna confirms this assessment. The work, published in the journal "Allergy", shows, according to a statement from the university , "that Covid-19 leads to considerable long-term changes in the immune system, even in mild cases".
For the study, the research team examined relevant immune parameters of 133 people who had Covid-19 and recovered. They did the same with 98 people without corona infection. No one was vaccinated because there was no Covid-19 vaccine when the research began in 2020.
In those who recovered, both the number and composition of various immune cells were analyzed ten weeks and ten months after their illness. In addition, Pickl and his team evaluated growth factors in the blood, which, among other things, play a crucial role in regulating cell growth.
Bone marrow infection?
Not surprisingly, ten weeks after the infection, those who had recovered showed clear signs of immune activation in both T and B cells, in contrast to the non-infected subjects, says Pickl. However, the research team was surprised by the results ten months after the illness. "Even after mild courses of the disease, we found a significant reduction in immune cells in the blood," explains Pickl. In addition to a drop in SARS-CoV-2-specific antibodies, the researchers also observed an "astonishing change in growth factors in the blood."
For those who have recovered from Covid-19, this means that their immune system may no longer respond optimally, they conclude. The team cites an infection of the bone marrow, which is the central production site of immune cells, as the probable trigger.
The results are a possible explanation for long Covid, but also for a particularly high susceptibility to other infectious diseases after a corona infection. However, Pickl points out that further research is needed to confirm the hypothesis.
"Dramatic increase" in other infections
Suspicions and indications that a Covid-19 infection can cause immune deficiency are not new. They have already been discussed and investigated in previous cold seasons. Last October, a study by the University Hospital of Düsseldorf published in "Sage Journals" indicated, according to the research team, a "dramatic increase in non-Covid-related upper respiratory tract infections (URTI) in all demographic subgroups in Germany, which is associated with enormous effects on socioeconomic variables such as the frequency or duration of sick leave".
The scientists evaluated electronic medical records from a large German database containing a total of 1,403,907 patients from 947 general practitioners' and 175 pediatricians' practices who suffered from an upper respiratory tract infection (URTI) between January 2019 and December 2022. The most important result of their analysis is "undoubtedly the dramatic and sudden increase in URTI visits after the easing of Covid measures in 2022," the researchers write.
Two discussed possibilities
One reason for this increase could be that a Covid-19 infection is a risk factor for later infection with other respiratory viruses, according to the authors of the study. Although this has not yet been scientifically proven, other research has come to similar results. They specifically cite a study by Case Western Reserve University from November 2022. By evaluating a large US database, it found that almost 19 percent of young children became infected with the respiratory syncytial virus (RSV) after a corona infection, while the figure for those who were not infected was only around ten percent.
The Düsseldorf researchers also believe it is possible that people have had too little contact with pathogens due to the corona measures to "train" their immune systems sufficiently. However, this hypothesis "has frequently appeared in the daily press, but not in the scientific literature and is still considered unproven."
Immune system does not need training, but refreshment
"The immune system is not like a muscle that, if you don't use it for a long time, would somehow function less well," Carsten Watzl told WDR in December 2022. He is the Secretary General of the German Society for Immunology. However, part of the immune system needs boosters to protect against certain pathogens, according to the specialist.
"It is the case that with some infections or certain pathogens we have to regularly refresh our immunity, and then we are protected again for a few years." Because this has not happened for many people, "we now have twice or three times the age group of people who are currently refreshing their immunity again."
SARS-CoV-2 is not a destroyer
It should also be noted that not only Covid-19, but also other serious viral infections weaken the immune system. To put it very simply, the body can only produce a certain number of immune cells that react specifically in the event of an infection and are therefore not effective against other pathogens. Depending on the age of the patient and the severity of the disease, it can take weeks or months until there are enough naive immune cells in the blood that can adapt to new attackers.
Covid-19 certainly would not destroy the immune system like HIV, said Viennese molecular biologist Sylvia Kerschbaum-Gruber to the Austrian newspaper " Der Standard ". If this were the case, there would be no hybrid immunity from vaccination and infection, which is the best protection against a serious course of the disease.
Emanuel Wyler from the Berlin Max Delbrück Center for Molecular Medicine sees an exhaustive effect of SARS-CoV-2, but estimates it to be low. "On a scale on which a rhinovirus does little to no damage to the immune system and HIV destroys it completely, I would place SARS-CoV-2 - now that most people have been vaccinated against the virus, recovered from it, or both - somewhere in the middle," he told the science magazine Spektrum.de .